Anlässlich des Welt-Tuberkulose-Tags am 24. März hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf die weltweit zunehmende Medikamentenresistenz bei der Behandlung von Tuberkulose hingewiesen. Im Hinblick darauf, dass Deutschland auch ein Einwanderungsland ist, warnt die Deutsche Lungenstiftung e.V. in Hannover, dass es auch hierzulande Tuberkulose-Infektionen gibt, deren Erreger mit den üblichen Medikamenten nicht mehr effektiv bekämpft werden können. „Daher möchten wir Lungenärzte in Deutschland dringend empfehlen, dass Patienten mit einer Lungentuberkulose nur in dafür erfahrenen Kliniken betreut werden sollten, um ein Ausbreiten der gefährlichen Keime mit Mehrfachresistenzen (MDR = multi drug resistance) zu verhindern“, erklärt Prof. Dr. A. Gillissen, Vorstandsmitglied der Lungenstiftung und Leiter der Robert-Koch-Klinik in Leipzig, einem multidisziplinären Zentrum für pneumologische Erkrankungen. „Als wesentlicher Grund für die Zunahme der Resistenzen ist nämlich in erster Linie eine unzureichende (das heißt fehlende oder nicht konsequent durchgeführte) Tuberkulosetherapie zu nennen. Aber auch Mängel bei der Erfassung der Tuberkulosefälle und in der allgemeinen Gesundheitsfürsorge sowie der beobachtete Anstieg von HIV-Infektionen können eine Rolle spielen.“
Für den WHO-Bericht wurden die Daten von mehr als 90.000 Patienten aus 81 Ländern über einen fünfjährigen Zeitraum (von 2001 bis 2006) hinweg ausgewertet. „Die Rate an Mehrfachresistenzen (MDR = multi drug resistance) betrug bei allen Proben 5,3%“, berichtet Gillissen. „Das ist der höchste Wert, der bisher gemessen wurde. Allerdings schwanken die Ergebnisse - je nachdem welches Land und welche Region erfasst wurde – ziemlich stark und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zahl in Wirklichkeit noch viel höher liegt. So sind viele Länder in Afrika z.B. gar nicht in der Lage, bakteriologische Untersuchungen durchzuführen – sie konnten somit in der Untersuchung auch nicht mit berücksichtigt werden.“
Die WHO schätzt, dass jährlich weltweit knapp eine halbe Million Menschen neu an Tuberkulose erkranken und mehr als 110.000 Menschen an der Infektionskrankheit sterben. „Besonders bedrohlich ist der Anstieg der XDR-Tuberkulose (aus dem Englischen extended drug resistance - das heißt mit hochgradig erweiterter Medikamentenresistenz), gegen die praktisch gar kein Medikament mehr hilft“, erläutert Gillissen. „Hier hat sich die Lage in den baltischen Ländern, in denen im letzten Jahr auffallend viele XDR-Fälle beobachtet wurden, auf hohem Niveau stabilisiert“, berichtet Loddenkemper. „In Deutschland ist der Anteil multiresistenter TB-Fälle im Vergleich zu den baltischen Staaten (mit weniger als drei Prozent gegenüber mehr als sechs Prozent der TB-Fälle) zwar insgesamt geringer, allerdings haben sich die Fallzahlen hierzulande – vermutlich wegen der geographischen Nähe zu den stärker betroffenen Ländern - auch noch nicht stabilisiert.