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Elektronische Nase erschnuppert Kandidaten für Immuntherapie gegen Lungenkrebs

Eine elektronische Nase, die chemische Stoffe im Atem von Lungenkrebspatienten erkennt, kann laut einer neuen Studie mit einer Genauigkeit von 85 Prozent identifizieren, wer auf eine Immuntherapie anspricht und wer nicht.

Wie die Studienergebnisse zeigen, liefert die elektrische Nase (eNose) bei der Auswahl von geeigneten Kandidaten für eine Immuntherapie gegen Lungenkrebs (Anti-PD-1-Immuntherapie) genauere Ergebnisse als die derzeitige Standarduntersuchung mit Immunhistochemie (IHC), die das Testen von Gewebeproben auf das Vorhandensein des Proteins Programmed Death Ligand1 (PD-L1) beinhaltet (siehe Annals of Oncology, Online-Veröffentlichung am 17.9.19). Dabei handelt sich allerdings um eine invasive Methode, die zudem Zeit braucht.

„Die Einführung der Immuntherapie hat die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) im fortgeschrittenen Stadium dramatisch verbessert. Jedoch ist die Therapie leider nur bei einer Untergruppe von Patienten wirksam, die zu Beginn unserer Studie etwa 20 Prozent betrug“, erklärt Prof. Michel van den Heuvel, Professor für Thoraxonkologie am Radboud University Medical Center (in Nijmegen, Niederlande), der die Untersuchung leitete. „Derzeit gibt es keinen Test, der genau vorhersagen kann, wer von dieser Behandlung profitieren wird, abgesehen von PD-L1-Tests mittels Immunhistochemie. Dies ist – trotz seiner analytischen und prädiktiven Grenzen – heute der Biomarker der Wahl, wenn es um klinische Entscheidungen darüber geht, ob ein Patient mit einer Immuntherapie behandelt werden soll oder nicht.“

„Wir stellten die Hypothese auf, dass die Analyse ausgeatmeter Luft mithilfe der eNose-Technologie eine nicht invasive und schnelle Alternative zum derzeitigen Standard sein könnte, die es Ärzten ermöglicht, solchen Patienten eine Immuntherapie zu ersparen, die nicht darauf ansprechen“, erläutert Rianne de Vries, eine Doktorandin in der Abteilung für Pneumologie der Amsterdam University Medical Centers und Ko-Erstautorin der Studie.

Bei der elektrischen Nase (eNose) handelt es sich um ein kleines Gerät mit Sensoren zum Nachweis flüchtiger organischer Verbindungen (VOC), die in etwa einem Prozent der ausgeatmeten Luft vorhanden sind. Der Rest unseres Atems besteht hauptsächlich aus Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasser.

Die Forscher gingen davon aus, dass die Mischung von VOC im Atem von Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC einen Hinweis darauf geben könnte, ob der Patient auf eine Anti-PD1-Therapie anspricht oder nicht. Die VOC können je nach Stoffwechselvorgängen im gesamten Körper oder in Teilen davon (z.B. der Lunge) variieren.

 „Bei Verwendung der eNose atmet der Patient tief ein, hält fünf Sekunden lang die Luft an und atmet dann langsam in das Gerät aus“, berichtet de Vries. Die eNose-Sensoren reagieren auf die Gesamt-Mixtur von VOC in der ausgeatmeten Luft, wobei jeder Sensor seine höchste Empfindlichkeit gegenüber einer anderen Gruppe von Molekülen aufweist. Die Sensorwerte werden direkt an einen Online-Server gesendet. Dort werden sie gespeichert, in Echtzeit verarbeitet und eine Korrektur hinsichtlich der Umgebungsluft durchgeführt. Die Messung dauert den Wissenschaftlern zufolge weniger als eine Minute. Die Ergebnisse werden anschließend mit einer Online-Datenbank verglichen, in der maschinelle Lernalgorithmen sofort erkennen, ob ein Patient wahrscheinlich auf eine Anti-PD1-Therapie ansprechen wird oder nicht.“

Zwischen März 2016 und Februar 2018 rekrutierten Forscher des Netherlands Cancer Institute in Amsterdam 143 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC. Sie verwendeten die eNose, um die Atemprofile der Patienten zwei Wochen vor Beginn der Behandlung mit Nivolumab oder Pembrolizumab zu erfassen. Nach drei Monaten verwendeten sie Standardkriterien (Response Evaluation Criteria of Solid Tumors [RECIST]), um zu beurteilen, ob die Patienten auf das Medikament ansprachen oder nicht. Die Ergebnisse der ersten 92 Patienten (die die Behandlung zwischen März 2016 und Februar 2017 begonnen hatten) wurden durch die Ergebnisse der verbleibenden 51 Patienten (die die Behandlung nach April 2017 begonnen hatten) bestätigt.

„Wir haben festgestellt, dass die eNose-Analyse der Ausatemluft von NSCLC-Patienten vor Beginn einer Immuntherapie mit einer Genauigkeit von 85 Prozent zwischen Respondern und Non-Respondern unterscheiden konnte“, betont die zweite Erstautorin der Studie, Dr. Mirte Müller, eine Doktorandin in der Abteilung für Thoraxonkologie am niederländischen Krebsinstitut. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Atemanalyse mit der eNose möglicherweise die Anwendung einer ineffektiven Behandlung bei Patienten verhindern kann, die von der eNose als Non-Responder einer Immuntherapie eingestuft wurden. In unserer Studie waren das 24 Prozent der Patienten. Dies bedeutet, dass bei 24 Prozent der NSCLC-Patienten eine solche Therapie vermieden werden kann, ohne dass jemandem eine wirksame Behandlung versagt bleibt.“ Nach Angaben der European Society for Medical Oncology ist die ENose-Technologie im Vergleich zu anderen verfügbaren medizinischen Technologien und diagnostischen Tests und Biomarkern günstig.

Quelle: Biermann-Medizin vom 18.9.19