Die molekularen Zusammenhänge der Entwicklung einer Lungenfibrose sind bislang noch wenig bekannt. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim konnten nun zeigen, dass eine zu geringe Aktivität eines Transkriptionsfaktors (namens FoxO3) bei der Entstehung der Erkrankung eine wichtige Rolle spielt (siehe EMBO Molecular Medicine, Online-Veröffentlichung am 7.12.2017). In Untersuchungen an Mäusen ließ sich die Krankheit aufhalten, wenn die FoxO3-Aktivität pharmakologisch gesteigert wurde. Die Wissenschaftler hoffen deshalb, einen neuen Ansatz für eine Therapie der Lungenfibrose gefunden zu haben.
So genannte idiopathische Lungenfibrosen kann keine eindeutige Ursache zugeordnet werden. Hier kommt es aus unbekannten Gründen zu einer Vermehrung von Fibroblasten und einer krankhaften Ablagerung von Kollagen. Fibroblasten bilden das Stützgewebe für die Lungenbläschen. Während der Entwicklung einer Lungenfibrose kann man bei diesen Fibroblasten eine typische Veränderung beobachten, bei der die Fibroblasten sozusagen ihre Persönlichkeit verändern, da sie zunehmend mehr kontraktile Proteine enthalten, die sich ähnlich Muskelfasern zusammenziehen können. Die in diesem Zustand als Myofibroblasten bezeichneten Bindegewebszellen sind für die veränderte Struktur des Bindegewebes verantwortlich. In fortgeschrittenen Stadien der Lungenfibrose lösen sich die Lungenbläschen zunehmend auf und es kommt zu einer Schädigung der Blutgefäße in der Lunge. Die Patienten leiden dann an Atemnot.
Die Bad Nauheimer Wissenschaftler haben nun nach einem Faktor gesucht, der für die Veränderung der Fibroblasten verantwortlich ist. Dazu haben Soni Pullamsetti, Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung, und ihr Team zunächst Bindegewebszellen von Gesunden mit denen von Lungenfibrose-Patienten verglichen. „Uns fiel ein als FoxO3 bezeichneter Transkriptionsfaktor auf: Dieses Protein war in Patientenzellen etwas weniger vorhanden als in den Kontrollproben. Noch deutlicher war das Ergebnis, als wir die Aktivität von FoxO3 untersuchten: Diese war bei den Fibroblasten der Patienten viel niedriger als bei den Kontrollzellen“, berichtet Pullamsetti.
Aufgrund dieser Daten konzentrierten sich die Forscher in einem nächsten Schritt auf ein Erkrankungsmodell bei Mäusen: Die FoxO3-Aktivität war bei Mäusen mit Lungenfibrose tatsächlich niedriger. Noch stärker ausgeprägt war der Effekt bei Mäusen, bei denen durch einen genetischen Eingriff FoxO3 gänzlich fehlte: „Diese Mäuse entwickelten die idiopathische Lungenfibrose noch viel schneller als die Kontrolltiere, so dass wir die Versuchsdauer sogar begrenzen mussten“, erklärt Pullamsetti.
Ein neuer therapeutischer Ansatz könnte deshalb sein, FoxO3 bei Patienten mit Lungenfibrose zu reaktivieren. Bei Mäusen führt dies zum Erfolg: Werden Mäuse mit einer Lungenfibrose mit einer Substanz, die FoxO3 aktiviert, behandelt, bilden sich die Symptome zurück, und die Lungenfunktion verbessert sich. Der Effekt bleibt hingegen bei Mäusen ohne FoxO3 aus.
„Unsere Studie zeigt, dass bei der Entwicklung der idiopathischen Lungenfibrose die niedrige FoxO3-Aktivität eine wichtige Rolle spielt, und dass FoxO3 gleichzeitig einen guten Anknüpfpunkt für die Behandlung der Erkrankung darstellt“, fasst Seeger zusammen. In weiteren Studien sollen die Zusammenhänge weiter untersucht werden, um anschließend erste Untersuchungen an Patienten durchführen zu können.
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.