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Eine seltene Lungenkrankheit, die häufig vererbt wird

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel gilt als seltene Erkrankung, stellt gleichzeitig aber eine der häufigsten Erbkrankheiten in Nord- und Mitteleuropa dar. Ein neu erschienenes Fachbuch will über das Krankheitsbild, seine Ursachen sowie Möglichkeiten der Diagnose und Therapie besser aufklären, damit Betroffene künftig schneller erkannt werden.

Seltene Erkrankungen sind gar nicht so selten, wie der Name besagt. Allein in Deutschland gibt es rund vier Millionen Betroffene. Als selten gilt eine Erkrankung, wenn weniger als fünf von 10.000 Menschen an ihr leiden. Obwohl all diese Krankheiten grundverschieden sind, haben viele Betroffene eines gemeinsam: Häufig haben sie einen jahrelangen Irrweg mit falschen Diagnosen hinter sich. Bei seltenen Krankheiten vergehen durchschnittlich sieben Jahre, bis der Patient die zutreffende Diagnose erhält. Auch der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) gilt als seltene Erbkrankheit, wobei er aber in Nord- und Mitteleuropa gleichzeitig eine der häufigsten Erbkrankheiten darstellt. Hauptsymptome dieses Gendefekts sind Lungenprobleme und Leberschäden.

Wie die Krankheit erkannt und behandelt wird, erfahren Ärzte, aber natürlich auch betroffene Patienten und medizinisch Interessierte in einem neuen Fachbuch Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Pathophysiologie, Diagnose und Therapie (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010) von Robert Bals und Thomas Köhnlein. Während Informationen über Diagnose und Therapie des AATM bisher relativ schwer zugänglich waren, liefert die aktuelle Neuerscheinung nun einen umfassenden Überblick über AATM. Bals und Köhnlein ist es gelungen, ein internationales Autorenteam für das Buch zusammenzustellen. Sie informieren über die biologischen Grundlagen, seltene Manifestationen, diagnostische Strategien, therapeutische Ansätze und die Strukturen der Patientenversorgung. Das Buch will für das Krankheitsbild sensibilisieren und soll dem Arzt die Kenntnisse vermitteln, die er braucht, um Personen mit AATM zu erkennen und angemessen zu versorgen.

Alpha-1-Antitrypsin ist ein Glykoprotein, dessen Hauptaufgabe darin besteht, das Bindegewebe der Lunge vor Angriffen des Enzyms Elastase zu schützen. Elastasen sind Teil der körpereigenen Abwehr, sie spalten eindringende Keime in der Lunge. Da sie sehr unspezifisch reagieren, greifen sie mitunter auch körpereigenes Gewebe an. Menschen mit AATM leiden deswegen immer wieder unter chronischer Bronchitis und Leberentzündungen. Mt der Zeit entwickelt sich daraus häufig eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), ein Lungenemphysem beziehungsweise eine Leberzirrhose. Wichtig ist es, die Krankheit schnellstmöglich zu erkennen und zu behandeln. Weil der Gendefekt jedoch selten ist, wird die genetisch bedingte Neigung (Prädisposition) zu Lungen- und Leberproblemen bei vielen Betroffenen nicht erkannt, auch wenn sie AATM-Symptome aufweisen. „Es ist wichtig, an die Möglichkeit eines AATM zu denken, wenn sich ein Patient mit einer typischen Symptomkonstellation vorstellt“, erklären die Autoren.

Menschen mit AATM kommen mit unterschiedlichen Fragen in die Praxis: Ist eine Substitutionstherapie empfehlenswert? In welchem Stadium sollte mit einer solchen Behandlung begonnen werden? Welche sonstigen Risiken sind mit dem Antitrypsin-Mangel verbunden? „Wahr ist, dass es zum jetzigen Zeitpunkt keine absolut sicheren Antworten auf diese Fragen gibt. Beruhigend dabei ist – und dieses Buch ist Ausdruck davon –, dass über diese Themen aktiv geforscht wird“, so die Autoren. „Unsere Kenntnisse und unsere Fähigkeit zur Behandlung beziehungsweise zum Management der Folgen des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels werden Jahr für Jahr zunehmen.“ - davon sind sie überzeugt.