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Ein Pflanzenstoff aus Weintrauben hilft offenbar gegen Lungenversagen

Eine experimentelle Untersuchung der Wirkung eines Pflanzenstoffs aus Weintrauben (Resveratrol) gegen das akute Atemnotsyndrom (ARDS) wurde mit dem DIVI-Forschungspreis ausgezeichnet.

Der mit 4.000 Euro dotierte 1. Platz beim Forschungspreis „experimentelle Forschung“ der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) geht in diesem Jahr an ein Forschungsteam der Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Mainz. Das Team um Dr. med. René Rissel untersuchte in einem Experiment mit Hausschweinen die Wirkung des Pflanzenstoffs Resveratrol beim akutem Atemnotsyndrom (ARDS). Das Syndrom geht mit systemischen Entzündungen und Sauerstoffmangel einher, viele Patientinnen und Patienten in der Intensivmedizin sterben daran. Bisher gibt es keine ursächliche Therapie, die bei der Entzündungsreaktion ansetzt. „Die Studienergebnisse des Preisträgers eröffnen nun neue vielversprechende Perspektiven zur Behandlung von ARDS, die es weiterzuverfolgen gilt“, betonte DIVI-Präsident Prof. Gernot Marx bei der Preisverleihung am 30. November 2022 beim Jahreskongress DIVI22 in Hamburg.

Die entzündungshemmende, kardioprotektive und antioxidative Wirkung von Resveratrol, das unter anderem in Weintrauben enthalten ist, wurde bereits in vielen medizinischen Fachbereichen erforscht – nicht aber in der Anästhesiologie. Das wollten Dr. Rissel und sein Team ändern und initiierten dafür eine außergewöhnliche Studie mit 20 Hausschweinen. „Die Organstruktur von Hausschweinen ist denen von Menschen sehr ähnlich. Schweine lassen sich außerdem gut mit denselben Messparametern, wie zum Beispiel Blutdruck, Herz-Zeit-Volumen oder Lungenfunktion, untersuchen und monitoren“, erklärt der Studienleiter.

Das achtstündige Experiment, das auch Gegenstand einer Doktorarbeit ist, wurde mit insgesamt 20 Hausschweinen durchgeführt. Unter Narkose wurden die Tiere durch die Zugabe bestimmter Stoffe in einen Zustand versetzt, der ARDS sehr nahekommt. Daraufhin haben acht Schweine eine niedrige Dosis Resveratrol intravenös mit einer Trägerlösung verabreicht bekommen, acht Schweine eine hohe Dosis Resveratrol und vier Schweine zur Kontrolle lediglich die Trägerlösung.

Die Untergruppe Schweine, die eine hohe Dosis Resveratrol verabreicht bekam, wies im Vergleich mit den anderen beiden Tiergruppen Besonderheiten auf: Zum einen vergrößerte sich wieder ihre Lungenfläche, die funktionelle Residualkapazität – ein Indiz dafür, dass die Lunge besser arbeiten und Gas austauschen kann. Zum anderen stabilisierte sich der extravaskuläre Lungenwasserindex – ein Anzeichen dafür, dass kein Lungengewebe mit umliegenden Gefäßen zerstört wurde. Zudem reduzierte das Resveratrol signifikant die Konzentration von TNF-alpha, einem Entzündungsmarker.

Diese Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung und unterstreichen auch die Bedeutung besagter Doktorarbeit von Louisa Kirchner für die weitere Forschung. Geplant sind Folgestudien am Schwein, in denen untersucht wird, wie sich längere Versuchszeiten und höhere Dosen von Resveratrol auswirken. Mit Blick in die Zukunft sagt Rissel: „Wünschenswert wäre, wenn in einigen Jahren Resveratrol, ähnlich wie eine Beruhigungstablette, auch präventiv vor Operationen eingesetzt werden könnte, um Hochrisiko-Patienten besser zu schützen.“

DIVI-Präsident Marx betonte deshalb: „Diese überzeugende Forschungsarbeit der anästhesiologischen Gruppe aus Mainz zeigt das große Potential und die hohe Bedeutung der translationalen Forschung für die Intensivmedizin – gerade im Hinblick auf die Prävention von Organdysfunktionen.“

Der DIVI-Forschungspreis, auch bekannt als Posterwettbewerb, wird jährlich im Rahmen des DIVI-Kongresses verliehen. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft möchte die DIVI damit der methodischen Diskussion einen höheren Stellenwert einräumen. Die jeweils vier besten Abstracts aus den Bereichen klinische und experimentelle Medizin werden von einer Expertenjury vor dem Kongress bewertet und ausgewählt. Die beiden Sieger erhalten 4.000 Euro, die zweiten 2.000 Euro und die Plätze 3 und 4 jeweils 1.000 Euro.

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V.