Gedächtniszellen in der Lunge (spezielle T-Lymphozyten), die auf bestimmte eingeatmete Substanzen allergisch reagieren, sind offenbar die Ursache für wiederkehrende Anfälle von allergischem Asthma. Darauf weisen neue Studienergebnisse der Medizinischen Universität Wien hin (siehe Frontiers in Immunology, Online-Veröffentlichung am 24.4.210). Den Studienautoren zufolge sind diese speziellen Th2-Helferzellen, die ein Leben lang als Gedächtniszellen im Gewebe bleiben und als Th2-TRMs (Abkürzung aus dem Englischen T-helper 2-tissue resident memory cells) bezeichnet werden, dafür verantwortlich, dass AsthmatikerInnen, kurz nachdem sie Allergene eingeatmet haben, Asthmaanfälle erleiden und dass diese Anfälle ein Leben lang auftreten können.
Allergisches Asthma und allergischer Schnupfen sind chronisch allergische Zustände, die rund 70 bis 100 Millionen EuropäerInnen betreffen (Quelle: European Academy of Allergy and Clinical Immunology = EAACI). Allergisches Asthma wird durch eine Abwehrreaktion der Lunge auf das Einatmen von Allergenen wie z. B. Gras-, Baum- und Ambrosiapollen ausgelöst und führt zu pfeifendem Atmen, Husten und Kurzatmigkeit.
Studienleiterin Michelle Epstein vom Experimentellen Allergologie-Labor an der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien erklärt: „Allergisches Asthma kann ein chronisches Leiden sein, tritt aber oft nur zeitweise auf. So etwa, wenn Menschen mit Allergenen, auf die sie sensibilisiert sind, in Kontakt kommen. Saisonales Asthma zum Beispiel, das durch Baumpollen hervorgerufen wird, führt bei einer Person, die zu anderen Zeiten keine Lungenprobleme aufweist, zu Asthmaanfällen, wenn die Pollen in der Luft sind. Unsere Studie zeigt erstmals, dass Th2-TRMs über 600 Tage in der Lunge verbleiben und beweist, dass immunologisches Gedächtnis bereits nach dem ersten Anfall von allergischem Asthma induziert wird und die Gedächtnis-T-Zellen ein Leben lang erhalten bleiben“, ergänzt sie.
Das Team der MedUni Wien untersuchte die Th2-TRMs in der Lunge von Mäusen mit allergischem Asthma während der Rückbildung von Krankheitsbeschwerden (Remission) und charakterisierten diese Zellen nach dem Kontakt mit dem Allergen. Nachdem sie die meisten T-Zellen im Tier eliminiert hatten, blockierten sie die Immunzellen, damit diese nicht aus der Lunge abwandern konnten. Die ForscherInnen fanden heraus, dass sich in der Lunge rund 150.000 bis 200.000 Gedächtniszellen befinden, das ist nur ein Bruchteil der 100 Millionen Lungenzellen, und dass diese Zellen nicht aus der Lunge abwandern, sondern aktiviert werden, um auf das eingeatmete Allergen zu reagieren.
Diese Ergebnisse könnten erklären, warum ein Großteil der PatientInnen mit allergischem Asthma ein ganzes Leben lang allergisch reagiert und dass, wenn diese dauerhaft dem Allergen ausgesetzt sind, sich die Anzahl der Th2-TRMs bei weiterem Kontakt mit dem Allergen möglicherweise erhöht und zu noch schwererem Asthma führt.
Mitautor Sahar Kazemi, PhD-Studentin im Experimentellen Allergologie-Labor der Medizinischen Universität Wien, erklärt: „Wenn man auf diese Gedächtniszellen abzielt, könnte das möglicherweise zu Therapien für Patienten mit allergischem Asthma führen. Neue Strategien könnten auf die Th2-TRMs abzielen. Aber dazu ist es notwendig, einen Weg zu finden, dass diese Zellen selektiv eliminiert werden, ohne andere Gedächtnis-T-Zellen zu beeinträchtigen, die uns vor Bakterien und Viren schützen.“
Quelle: Medizinische Universität Wien