Anhand einer Stuhlprobe aus der Windel eines Neugeborenen lässt sich in Zukunft wahrscheinlich vorhersagen, ob das Kind in vier Jahren eine Allergie oder allergisches Asthma entwickeln wird. Denn bestimmte Störungen der Darmflora im Neugeborenenalter erhöhen das Risiko für spätere Erkrankungen des atopischen Formenkreises. Das berichten US-Forscher um Susan Lynch und Christine Cole Johnson von der University of California in San Francisco und vom Henry Ford Health System in Detroit (siehe Nature Medicine, Online-Veröffentlichung am 12.9.16). Für die Studie wurden die Daten zu Stuhlproben von 298 Säuglingen analysiert, die im Rahmen der so genannten Wayne County Health, Environment, Allergy and Asthma Longitudinal Study (WHEALS) im Alter von einem Monat bis elf Monaten entnommen und tiefgefroren archiviert worden waren. Zugleich wurden Daten zur Entwicklung von allergischen Erkrankungen in den ersten vier Jahren dokumentiert.
Ergebnis: Eine bestimmte Zusammensetzung der Darmflora war mit einem besonders hohen Risiko für Allergien und allergisches Asthma verbunden: Enthielt die Darmflora im Vergleich zu derjenigen gesunder Kinder weniger Bakterienarten (wie Akkermansia, Bifidobacterium und Faecalibacterium) und dafür mehr Pilzarten (wie Candida und Rhodotorula) war das Risiko für das betroffene Kind dreimal höher, innerhalb des ersten Lebensjahres eine Atopie zu entwickeln.
Mit Laborexperimenten versuchten die Forscher dann herauszufinden, warum Darmkeime das Atopierisiko verändern können. Dazu brachten sie Immunzellen von gesunden Menschen mit keimfreier Flüssigkeit aus den Stuhlproben zusammen. Nur bei den Proben einer Darmflora mit erhöhtem Allergierisiko stieg daraufhin die Anzahl der T-Helferzellen (Th), die Interleukin 4 freisetzen, stark an. Dies ist ein typisches Kennzeichen einer so genannten Th2-Reaktion, die dafür bekannt ist, dass sie das immunologische Gleichgewicht später in Richtung Allergie verschieben kann.
Die Forscher haben außerdem festgestellt, welcher Bestandteil der Stuhlproben diese Allergieneigung hervorruft: eine kurzkettige Fettsäure namens 12,13-DIHOME. Sie vermuten, dass Darmkeime durch die Bildung von 12,13-DIHOME die Produktion regulatorischer T-Zellen verringern, die für die Vermeidung von allergischen Reaktion zuständig sind. Sind zu wenige dieser regulatorischen T-Zellen präsent, könne das Immunsystem überaktiv werden, was auch die Neigung zu allergischen Erkrankungen erhöhen würde.
Darmkeime scheinen demnach einen großen Einfluss darauf zu haben, ob entzündungshemmende oder –fördernde Substanzen im Darm überwiegen. Diese Ergebnisse unterstützen die Hygiene-Hypothese, die folgendes besagt: Kinder, die in den ersten Lebenswochen in einer keimarmen Umgebung aufwachsen, haben weniger Möglichkeiten, eine gesunde Darmflora aufzubauen, die sie später vor Allergien schützen kann.