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COPD-Patienten mit hohem Risiko für Komplikationen erkennen

Mit einem neuen Vorhersage-Tool sollen Notärzte COPD-Hochrisikopatienten identifizieren und somit sowohl unnötige Krankenhausaufenthalte als auch unsichere Entlassungen verhindern können.

Mit einer neuen Entscheidungshilfe können Notärzte diejenigen COPD-Patienten identifizieren, bei denen ein hohes Risiko für schwere Komplikationen inklusive eines möglichen Todes besteht. Dieses Tool ist einer unter Leitung des Ottawa Hospital durchgeführten Studie zufolge besser geeignet als die bisherige medizinische Praxis (siehe CMAJ, Online-Veröffentlichung am 3.12.2018).

Um kurzfristige schwere Komplikationen besser vorhersagen zu können, hat das Team um Forschungsleiter Ian Stiell die Ottawa COPD Risk Scale entwickelt. Diese Zehn-Punkte-Risiko-Messlatte umfasst zehn Fragen, die sich auf die Krankheitsgeschichte des Patienten und Ergebnisse aus Routine-Untersuchungen nach seiner Ankunft in der Notaufnahme (z.B. Echokardiogramm und Herzfrequenz) beziehen, wobei jede Ja-Antwort ein bis drei Punkte erhält. Auf diese Weise soll das Risiko, dass in den nächsten 30 Tagen eine Verschlechterung eintreten könnte, quantifiziert werden. Im weiteren Verlauf der Studie wurde dann notiert, ob und welche Verschlechterungen (z.B. Herzinfarkt, Notwendigkeit zur Beatmung) tatsächlich im Verlauf der nächsten dreißig Tage auftraten.

Laut Stiell gab es vor der neuen Entscheidungshilfe keine Möglichkeit zu wissen, ob ein COPD-Notfall zu gefährlichen Komplikationen führen kann. Der Ottawa COPD Risk Scale hingegen könne Ärzte bei der Entscheidung unterstützen, ob ein Patient nach der Notaufnahme im Krankenhaus bleiben muss oder wieder nach Hause gehen kann.

Die Studie wurde an sechs Krankenhäusern in Ontario und Alberta durchgeführt. Ausgewertet wurden die Daten von 1.415 Personen über 50 Jahren, die mit einer entsprechenden Diagnose in die Notaufnahme gekommen waren. Von diesen wurden 636 Patienten nach der Notaufnahme zur Behandlung in die Klinik überwiesen, 779 wurden wieder nach Hause entlassen. Der Ottawa COPD Risk Scale sagte bei 135 Patienten von 1415 - das sind 9,5 Prozent - korrekt voraus, dass es zu schweren Komplikationen kommen würde. Bedenklicherweise traten 65 der ernsthaften Komplikationen bei Personen auf, die nicht ins Krankenhaus eingeliefert worden waren.

Wenn man – theoretisch betrachtet - den Grenzwert der Skala um mehr als einen Punkt anheben würde, täte sich die Wahrscheinlichkeit, Verschlechterungen kurzfristig zu erkennen, von 51.9% auf 79.3% erhöhen. Allerdings würde dies auch zu häufigeren Krankenhauseinweisungen (56.6% anstatt 45.0%) führen. Eine Anhebung des Grenzwerts um mehr als zwei Punkte würde die Erkennung von Risikopatienten um 71.9% verbessern, während bis zu 47.9% der Patienten eine Krankenhausbehandlung bekämen. Insofern wollen sich die Studienautoren nicht auf einen bestimmten Wert auf der Risiko-Skala festlegen, ab dem COPD-Patienten ins im Krankenhaus behandelt werden sollten, sondern sie betonen, dass zusätzliche Überlegungen – z. B. hinsichtlich häuslicher Versorgungsmöglichkeiten des Patienten – in die Entscheidung mit einfließen sollten.

Stiell zufolge wurde mit dieser Studie gezeigt, dass der Ottawa COPD Risk Scale zuverlässig arbeitet, da sich mit seiner Hilfe Patienten, die ein hohes Risiko für schwere Komplikationen haben, erkennen lassen. Damit sollten künftig sowohl unnötige Krankenhausaufenthalte als auch unsichere Entlassungen von COPD-Patienten verhindert werden können, so Stiell. Außerdem könnte der Risiko-Scale nicht nur in der Notambulanz hilfreich sein, sondern möglicherweise auch in den Praxen von Lungenärzten, Internisten und Allgemeinmedizinern.

Quelle: Pressetext vom 3.12.2018