Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine recht häufige Erkrankung, die mit vielen Krankheits- und Todesfällen zu Buche schlägt. Wie aufwändig und anspruchsvoll die Versorgung von COPD-Patienten im Vergleich zu Patienten mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist, haben schwedische Forscher um Dr. Hans Lennart Persson von der Universität in Linköping untersucht (siehe International Journal of chronic obstructive pulmonary disease, Online-Veröffentlichung am 16.7.2019).
Die Studie wurde an einem Universitätsklinikum in Schweden durchgeführt, das sich auf die ambulante Versorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und COPD spezialisiert hat. Die Patienten waren 65 Jahre und älter und mussten mindestens zwei Krankenhausaufenthalte aufgrund einer COPD oder Herzinsuffizienz in den letzten zwölf Monaten gehabt haben. Die Patienten wurden regelmäßig zu Hause kontaktiert, und es wurde ihr Gesundheitszustand dokumentiert. Sobald ein Patient als stabil galt, sowohl in der Herzinsuffizienz- als auch in der COPD-Gruppe, wurde er dem Hausarzt übergeben.
Im Falle einer Verschlechterung (Exazerbation) der COPD oder der Herzinsuffizienz erfolgte die Kategorisierung und Behandlung durch einen Facharzt. Alle Kontakte der Patienten mit dem Gesundheitssystem wurden systematisch erfasst. Es kamen speziell entwickelte Dokumentationsbögen zum Einsatz, welche nach der Verwendung komplett digitalisiert werden konnten. Primärer Endpunkt der Studie war die Häufigkeit der Exazerbationen. Sekundärer Endpunkt war die Häufigkeit der Krankenhausaufnahmen innerhalb eines Jahres.
Ergebnisse: Im Studienzeitraum nahmen 94 Patienten an der Studie teil (58 mit Herzinsuffizienz, 36 mit COPD). In der COPD-Gruppe fanden sich in dieser Kohorte weniger Begleiterkrankungen, die Patienten wiesen aber eine deutlich schlechtere Versorgung mit Sauerstoff über die Atmung (Oxygenierung) und einen geringeren BMI auf.
Die Patienten mit Herzschwäche hatten ein höheres Serumkreatinin (zur groben Abschätzung der Nierenfunktion bzw. glomerulären Filtrationsleistung) und erwartungsgemäß erhöhte Werte für pro-BNP. Das Brain natriuretic Peptide (BNP) ist ein Hormon, das bei Dehnung der Herzkammern von den Herzmuskelzellen gebildet und abgesondert wird und als diagnostischer Marker zur Einschätzung der individuellen Risikofaktoren eingesetzt wird. Die Hälfte der Patienten konnte die Studie über 12 Monate erfolgreich abschließen. Hauptgrund für einen Dropout war der Tod der Patienten.
Der Bedarf an medizinischer Unterstützung war in der COPD-Gruppe deutlich größer. Nur 6 Prozent dieser Patienten hatten keine Exazerbationen, in der Herzinsuffizienz-Gruppe waren es 40 Prozent. Und: Die Herzinsuffizienzpatienten mussten deutlich seltener zu Hause kontaktiert und unterstützt werden.
„Die COPD, als zunehmende Erkrankung auch im hohen Lebensalter, nimmt nach wie vor eine führende Rolle für Morbidität und Mortalität ein“, kommentiert Prof. Hans Jürgen Heppner, Chefarzt Geriatrische Klinik und Tagesklinik, HELIOS Klinikum Schwelm, die aktuelle schwedische Studie. „Die aktuelle Studie war relativ aufwändig, da spezielle Bögen und Digitalpens verwendet wurden, die erst nach Schulung der Patienten und des medizinischen Personals eingesetzt werden konnten. Sie setzt auch eine gewisse Affinität der betroffenen Patienten zur Telemedizin voraus. So etwas wird sich daher nicht so schnell in die Regelversorgung integrieren lassen. Zumal wir hier auch völlig andere Versorgungsstrukturen haben und eine ambulante Betreuung über Fachkliniken im häuslichen Umfeld der Patienten aktuell nicht möglich ist. Zwar waren die intensiven Interventionen nach einem entsprechenden Stufenplan in der Lage, die Hospitalisationsraten zu reduzieren, dennoch geht von beiden Erkrankungen eine hohe Krankheitslast aus.“
Es sei interessant zu sehen, dass die Krankheitslast (burden of disease) und die Inanspruchnahme medizinischer Hilfe bei der COPD deutlich höher liegt als bei der chronischen Herzinsuffizienz. Dies bedeute im klinischen Setting, dass man auf diese Patienten zukünftig noch mehr achten müsse, so der Lehrstuhlinhaber an der Universität Witten/Herdecke.
Quelle: Ärztezeitung vom 1.11.19