Die Gefahr, dass Raucher eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) entwickeln, wurde bisher deutlich unterschätzt: „Gemessen an unseren heutigen Standards bekommen nicht nur - wie bisher angenommen - rund 15%, sondern wahrscheinlich nahezu alle Raucher mit der Zeit eine COPD“, warnt Prof. Dieter Köhler von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Die in vielen Fachartikeln und –Büchern angegebene Häufigkeit von COPD bei Rauchern beruht auf einer Publikation aus dem Jahr 1976, die besagt, dass nur eine Minderheit (nämlich 13%) unter den Rauchern eine genetisch bedingte Empfindlichkeit für COPD hat und daher die Krankheit entwickelt. „Allerdings wenden wir Mediziner heutzutage strengere Kriterien an, um zu definieren was eine COPD ist. So würden wir denselben Grad an Atemwegsverengung, der damals zur Diagnose einer COPD-Erkrankung herangezogen wurde, heute als eine COPD mittleren Schweregrads klassifizieren. Das heißt leichtere COPD-Fälle fallen mit dieser veralteten Definition völlig unter den Tisch, obwohl auch diese behandelt werden sollten, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.“
COPD forciert Arteriosklerose und tödliche Herz-Gefäß-Erkrankungen
Grundsätzlich haben Raucher mit Einsetzen einer COPD – selbst wenn die Atemwegsverengung zunächst nur gering sein mag – ein stark erhöhtes Risiko, an einer Gefäß- oder Herzerkrankung zu sterben. Bei COPD kommt es nämlich zu einer fortschreitenden Entzündung in den Bronchien mit Zerstörung der Lungenbläschen, was die Lungenfunktion der Betroffenen zunehmend und messbar einschränkt. Vermehrte Atemnot treibt die Patienten dann in eine Schonhaltung und damit in einen Teufelskreis, so dass sie ihre körperliche Belastungsfähigkeit immer weiter einbüßen. Gleichzeitig fördern Entzündungszellen aus den Atemwegen, die über die Blutbahn verteilt werden, die Entwicklung von Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Somit stellt die Entwicklung einer COPD einen unabhängigen, aber beträchtlichen Risikofaktor für Gefäß- und Herzkrankheiten dar, die als Schlaganfall, Herzinfarkt oder –Rhythmusstörung tödlich enden können.
Jeder, der lang genug raucht, kann COPD bekommen
Tatsächlich dürften fast alle Menschen, wenn sie lange genug rauchen, die diagnostischen Kriterien einer COPD erfüllen - selbst dann, wenn sie subjektiv noch keine schwerwiegenden Atemwegsprobleme empfinden sollten. „Wir wissen jetzt, dass die individuelle Empfindlichkeit bzw. Veranlagung für COPD kein Alles-oder-Nichts-Kennzeichen ist“, erläutert Köhler. „Vielmehr müssen wir davon ausgehen, dass weitaus mehr Raucher - als die bisher angenommenen 15% - eine COPD entwickeln werden, wobei die Ausprägung ihrer Beschwerden stark variieren kann. Die meisten Raucher dürften allerdings genau zwischen den beiden Extremgruppen – schwerstlungenkrank und beschwerdefrei – liegen. Wobei man sich von der augenscheinlichen Beschwerdefreiheit mancher Raucher über die dennoch auf ihnen lastende, stark erhöhte Sterblichkeit durch Herz-Gefäßkrankheiten nicht hinwegtäuschen lassen sollte. Deshalb möchten wir alle Raucher ab 40 Jahren dazu auffordern, regelmäßig zum Lungenfunktionstest zu gehen. Damit wollen wir die bisherige Praxis durchbrechen, ausschließlich Raucher mit offensichtlichen Beschwerden wie Atemnot oder Husten auf ihre Lungenfunktion hin zu testen. Zumal die auch Spirometrie genannte Untersuchungsmethode problemlos und preisgünstig sowohl bei Lungenfachärzten als auch bei den meisten Hausärzten durchzuführen ist. Mit ihr lässt sich auch eine erst beginnende, noch milde COPD zuverlässig erkennen und dann entsprechend frühzeitig behandeln. Was wichtig ist, um die Entzündungsprozesse abzumildern und damit den fortschreitenden Verlust der Lungenfunktion abzubremsen.“ Weitere Informationen über das Krankheitsbild COPD sowie Möglichkeiten zur Therapie und Vorbeugung finden Sie im Internet unter www.lungenaerzte-im-netz.de.