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Chip mit atmender Lunge

Die Einsparung etlicher Tierversuche und eine raschere Forschung verspricht ein Chip mit einer atmenden Lunge, den Forscher der Harvard University entwickelt haben. Dazu werden zwei Schichten von lebendem Gewebe - menschliche Epithel- und Endothelzellen - auf einer Silizium-Membran platziert, während ein Kulturmedium die Blutbahn nachahmt.

Ein Mikrochip mit lebenden menschlichen Zellen könnte die Erforschung der Lungenbläschen revolutionieren. Forscher der Harvard University haben im Science Magazine (Online-Ausgabe am 25. Juni 2010, Band 328/ Nr. 5986, Seite 1662 – 1668) ihre Nachahmung einer atmenden Lunge im Miniformat präsentiert. Diese soll Labortests zu Umweltgiften, Medikamenten oder Aerosolen erleichtern und billiger machen. „Unsere Lunge-auf-dem-Chip zeigt etwa, wie wir Nanopartikel der Luft aufnehmen und wie Krankheitserreger Entzündungen auslösen. Viele Tierversuche können somit erspart bleiben“, berichtet Forschungsleiter Donald Ingber.

Bei jedem Atemzug füllen sich in unserer Lunge die mikroskopisch kleinen Lungenbläschen (Alveolen) mit Luft und sorgen dafür, dass Sauerstoff über mehrere Membranen an das Blut übermittelt wird. Gleichzeitig erkennen die Alveolen auch Eindringlinge wie Bakterien oder Gifte und aktivieren die Immunabwehr. Diese Funktionen stellten die Forscher nun in Chipversion nach. Zwei Schichten von lebendigem Gewebe - menschliche Epithel- und Endothelzellen - wurden dabei auf einer Silizium-Membran platziert, während ein Kulturmedium die Blutbahn nachahmt.

Der Chip ist dank eines neuartigen Gummimaterials biegsam und wird im Betrieb entsprechend der Atembewegungen zyklisch mechanisch gedehnt. Ein Luftkanal führt an die Wand der Lungenbläschen und wird so beeinflusst, wie man dies für einen Test braucht. So leiteten die Forscher versuchshalber z.B. lebende Escherichia coli-Bakterien ein, die von den Lungenzellen rasch entdeckt wurden. Diese aktivierten über die poröse Membran Blutzellen, die eine Immunreaktion hervorriefen und weiße Blutkörperchen in die Luftkammer schleusten. Diese zerstörten schließlich die Bakterien.

Deutlich wurden die Vorteile des Chips bei einem anderen Versuch, bei dem man verschiedene Nanopartikel aus der Luft einschleuste. Mehrere Arten davon drangen in die Lungenzellen ein und lösten dort eine Überproduktion von freien Radikalen sowie eine Entzündungsreaktion aus. Viele Partikel schafften es, bis in den Blutkanal vorzudringen - wobei die mechanische Bewegung des Chips diese Absorption zusätzlich verbesserte. „Wir haben gelernt, dass die Atembewegung die Absorption der Nanopartikel erhöht und somit ein wichtiger Faktor für die Toxizität dieser Partikel ist“, so die Forscher.

Mini-Labors im Chipformat erhalten in der Forschung immer größere Bedeutung. Das Konzept des Lab-on-a-Chip nutzt die Mikrofluidik bereits für die schnellere Untersuchung von chemischen Reaktionen. Doch auch im Bereich der menschlichen Organe ist der Lungenchip nicht der erste seiner Kategorie. Ein Herz in Chipversion gibt es bereits, außerdem wird derzeit eifrig an Chips für Darm, Knochenmark und sogar Krebszellen gearbeitet. Künftig interessant dürfte insbesondere eine Zusammenschaltung dieser nachgebauten Organismen werden.

Quelle: www.pressetext.de