Bei den Muskeln in den Bronchien handelt es sich um glatte Muskulatur, die im Gegensatz zur quergestreiften Skelettmuskulatur nicht der willentlichen Kontrolle unterliegt. Jetzt haben Wissenschaftler um den bekannten Riechsinnforscher Prof. Dr. Dr. Dr. habil Hanns Hatt und Dr. Benjamin Kalbe vom Bochumer Lehrstuhl für Zellphysiologie der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Kollegen verschiedener Kliniken in Bochum, Köln und Herne in den Muskelzellen der menschlichen Bronchien zwei Typen von Riechrezeptoren (OR2AG1 und OR1D2) entdeckt (siehe Frontiers in Physiology, Online-Veröffentlichung am 4.8.16). Aktivieren die passenden Düfte diese Rezeptoren, erweitern oder verengen sich die Bronchien. Eine gezielte Hemmung oder Aktivierung dieser Rezeptoren könnte einen neuen Ansatzpunkt für die Entwicklung von Asthmamedikamenten darstellen.
Amylbutyrat, ein fruchtiger Duft mit Bananen- und Aprikosennoten, aktiviert den Rezeptor OR2AG1. Bindet der Riechstoff, entspannt und erweitert das die Bronchien. Der Effekt war im Experiment so stark, dass er die Wirkung von Histamin aufheben konnte. Diesen Stoff schüttet der Körper bei allergischem Asthma aus, wodurch sich die Bronchien verengen. „Amylbutyrat könnte bei Asthma helfen, die Luftzufuhr zu verbessern“, folgert Prof. Hatt. „Vermutlich kann es nicht nur den Effekten von Histamin entgegenwirken, sondern ebenso denen von anderen Allergenen, die das Atmen behindern.“ Auch für die Behandlung anderer Krankheiten, etwa der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD, könne der Rezeptor interessant sein. Die Forscher zeigten außerdem, dass Amylbutyrat in den Muskelzellen die gleichen Signalwege in Gang setzt wie in den Riechzellen der Nase.
Der zweite Rezeptor OR1D2 ist empfänglich für Düfte mit blumigen, öligen Noten, etwa Lilial oder Bourgeonal. Bindet der Riechstoff an den Rezeptor, passiert das Gegenteil wie beim Rezeptor OR2AG1: Die Bronchialmuskeln ziehen sich zusammen. Außerdem werden in den Zellen entzündungsfördernde Stoffe freigesetzt.
Nach Ansicht der Forscher könnte dieser Effekt erklären, warum manche Parfüms Asthmaanfälle hervorrufen oder verschlimmern können: Die Duftstoffe wirken auf den OR1D2-Rezeptor und verstärken so die Verengung der Bronchien. Dabei werden auch entzündungsfördernde Stoffe freigesetzt, was die Asthmasymptome ebenfalls steigert.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum