Jeder Fünfte leidet hierzulande an einer Pollenallergie. Zur Pollensaison stellt sich immer wieder aufs Neue die Frage: Wie lüften ohne beeinträchtigt zu werden? Ein Team an der Professur für Ökoklimatologie der Technischen Universität München (TUM) hat Pollenkonzentrationen in Büroräumen systematisch untersucht (siehe Indoor Air, Online-Veröffentlichung am 12.11.2016) und daraus praktische Tipps zum Lüften abgeleitet.
In Deutschland leiden dem Bundesgesundheitsblatt aus dem Jahr 2013 zufolge rund 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung an Heuschnupfen. Da sich Europäer und Nordamerikaner zu über 90 Prozent ihrer Zeit in geschlossenen Räumen aufhalten, müssen Pollenkonzentrationen in Gebäuden berücksichtigt werden. Neben meteorologischen Einflussgrößen wurden in der Studie der TUM-Forscher auch Art und Häufigkeit der Raumbelüftung berücksichtigt. Bei ihren Untersuchungen konzentrierten sie sich auf Birkenpollen. Wie Gräserpollen lösen diese besonders häufig allergische Reaktionen aus. Birken sind Erstbesiedler (Pionierpflanzen), beginnen daher früh mit der Reproduktionsphase und produzieren als Windbestäuber besonders viele Pollen – alles Gründe für ihr hohes Allergiepotential.
Für die Studie wurden im April 2015 in fünf verschiedenen Räumen und vor den jeweils dazu gehörenden Fenstern die Birkenpollenkonzentrationen gemessen. Die Räume unterschieden sich unter anderem in ihrer Durch- oder Belüftung.
Die mobilen Pollenfallen waren auf einer Höhe von 1,2 Meter platziert, was der durchschnittlichen Einatmungshöhe von Personen während der Arbeit an ihrem Schreibtisch entspricht. Sie befanden sich in 2,5 Metern Abstand vom jeweiligen Zimmerfenster. Eine zweite Pollenfalle wurde jeweils auf dem Fenstersims befestigt.
Des Weiteren wurde eine Standard-Burkard-Pollenfalle auf dem Gebäudedach in 15 Metern Höhe neben der meteorologischen Station installiert für die Messung der grundsätzlichen Belastung. Diese Messung von Pollen in der Umgebungsluft werden nach den Standards des Europäischen Aeroallergen Netzwerkes (EAN) täglich von März bis November erhoben.
Vom 13. bis zum 29. April wurde die Blüte von 56 Birken in der näheren Umgebung beobachtet. Zehn der Bäume lagen in direkter Nähe zu den untersuchten Büros, die restlichen 46 Birken befanden sich in 0,5 bis zu 15 Kilometern Entfernung. Die Daten zur allgemeinen Wettersituation wiederum stammen vom Deutschen Wetterdienst in Freising. Direkt vor den Räumen wurden zusätzlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windstärke und Windrichtung erhoben.
Wie zu erwarten war, sind die Pollenkonzentrationen in den Räumen grundsätzlich niedriger als draußen. Dabei schwankt das Konzentrationsverhältnis der Pollen zwischen sieben und 75 Prozent. Große Unterschiede ergeben sich aufgrund der jeweiligen Lüftungsstrategie. Für die Studie wurde beispielsweise ein Raum alle zwei Stunden für fünf Minuten gelüftet. In diesem Raum herrschte die niedrigste Pollenbelastung im Vergleich zu einem Nachbarraum, in dem das Fenster dauerhaft gekippt war.
Ebenfalls höher war die Konzentration in einem Raum mit geöffnetem Fenster und einem chemischen Labor mit automatischem Luftabzug. Die Pollenkonzentrationen können durch Stoßlüften um zwei Drittel reduziert werden im Vergleich zum Maximum der in der Studie erreichten Pollenkonzentrationen in einem Raum. Um eine Ansammlung von Birkenpollen in Innenräumen möglichst zu vermeiden, raten die Studienautoren daher Pollenallergikern, ihre Büro- und Aufenthaltsräume lediglich stoßzulüften.
Ein weiterer, beeinflussender Faktor ist der Publikumsverkehr in einem Büro. Mit der Zeit erhöht sich die Pollenkonzentration in einem Raum. Dies kann auf einen Zusammenhang hinweisen, wie viele Arbeitskollegen in einen Raum ein- und ausgehen, weil Pollen der Kleidung anhaften. Auch häufen sich Pollen im Hausstaub an, sofern gar nicht oder selten geputzt wird. Dies geschieht sogar über die Pollensaison hinaus. Regelmäßiges Staubwischen ist daher für Allergiker eine wichtige Maßnahme, um allergische Reaktionen zu minimieren.
Quelle: Technische Universität München