Bei Au-pairs, die aus Ländern mit hoher Tuberkulose-Prävalenz stammen, sollte bei länger anhaltendem Husten und Leistungsabfall an eine Tuberkulose gedacht und ein Röntgenbild der Lunge durchgeführt werden. Dazu raten die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) unter Berufung auf die Ergebnisse einer aktuellen Studie, die von Dr. Hilte Geerdes-Fenge vom Universitätsklinikum Rostock auf einer Pressekonferenz am 8.4. im Rahmen des Jahreskongresses der DGP in Dresden vorgestellt wurde. „Dreiviertel aller Au-pairs in Deutschland kommen aus Ländern mit hohen Tuberkuloseraten, so dass hierzulande bei einem von 700 Au-pairs mit einer Tuberkulose-Infektion zu rechnen ist“, warnt Geerdes-Fenge. „Für die Gastfamilie ist dies aus mehreren Gründen problematisch: Es besteht zum einen die Gefahr, dass es zu einer Ansteckung innerhalb und außerhalb der Familie gekommen sein kann. Zum anderen trifft die Tuberkulose, die ja eine schwere potenziell lebensbedrohliche Erkrankung darstellt, einen jungen Menschen, der getrennt von seiner Familie und vertrauten Strukturen im Ausland in einer Gastfamilie lebt. Dabei kann es für Au-pairs oder die Gastfamilien auch zu finanziellen Notlagen kommen, da bei einigen Au-pair-Versicherungstarifen die Tuberkulose als so genannte mitgebrachte Erkrankung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.“
Je länger Tuberkulose unerkannt bleibt, umso mehr können sich ansteckenDr. Hilte Geerdes-Fenge hat durch eine Befragung der Gesundheitsämter seit 2002 Daten über 22 Au-pairs mit Tuberkulose gesammelt (zwölf Fälle aus Bayern, sechs aus Baden-Württemberg, je ein Fall aus NRW und Hessen, zusätzlich zwei Fälle aus Österreich). „Bei den 22 Au-pairs handelte es sich um Frauen im Alter zwischen 19 und 27 Jahren, wobei neun von ihnen aus Kenia kamen, vier aus Georgien, drei aus der Mongolei, zwei aus Indonesien, und je eine aus Nepal, Russland, Rumänien und Peru“, berichtet Geerdes-Fenge. „Bei 17 Au-pairs bestand sogar eine hoch ansteckende Lungentuberkulose. Zwischen den ersten Symptomen und der Diagnosestellung vergingen im Durchschnitt zehn Wochen (Spannbreite 3 bis 20 Wochen). Je länger es allerdings dauerte, bis die Erkrankung diagnostiziert und behandelt wurde, desto mehr Kontaktpersonen wurden in den Gastfamilien oder deren Umfeld angesteckt (1 bis 11 Infektionen pro Au-pair). Insgesamt infizierten die 17 Au-Pairs 46 Personen, darunter 21 Kinder.“
Antibiotika können einer Erkrankung vorbeugenIm Fall einer nachgewiesenen Infektion mit Tuberkulosebakterien empfehlen die Lungenärzte eine medikamentöse Vorbeugung mit dem Antibiotikum Isoniazid für die Dauer von neun Monaten, um einer Erkrankung an Tuberkulose vorzubeugen. „Grundsätzlich ist bei infizierten Kindern die Gefahr, eine Tuberkulose (Tb) zu entwickeln, größer als bei Erwachsenen“, betont Geerdes-Fenge. „Deshalb erhielten die meisten Kinder eine vorbeugende medikamentöse Therapie mit Isoniazid, das speziell gegen die Tb-Erreger wirkt. Von diesen Kindern erkrankte keines an Tb. Demgegenüber entwickelte eines der vier Kinder, deren Eltern eine vorbeugende Behandlung ablehnten, eine Tb. Und bei den Erwachsenen, von denen die meisten keine vorbeugende Behandlung durchführten, erkrankten insgesamt fünf der 25 infizierten Erwachsenen.“
Frühe Diagnose kann Ansteckung verhindernInfektionen in den Gastfamilien können durch eine frühe Diagnose der Tuberkulose verhindert werden. „Durch Screeninguntersuchungen der Au-pairs mit einem Bluttest (Interferon-gamma-release-assay) und - bei positivem Testergebnis - anschließender Thoraxröntgenaufnahme kann eine Tuberkulose bereits erkannt werden, bevor Erreger ausgeschieden werden – auch das wurde in meiner Studie deutlich “, erklärt Geerdes-Fenge. „Screening-Untersuchungen auf Tuberkulose sind zwar für Au-Pairs im Gegensatz zu Asylbewerbern und Spätaussiedlern nicht vorgeschrieben, wären aber ratsam. Darüber hinaus sollten Au-Pairs, die aus Ländern mit hoher Tuberkulose-Prävalenz kommen, bei einem Husten, der länger als drei Wochen anhält, zu einer Röntgenuntersuchung gehen.“