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Antikörper können strahlenbedingte Lungenfibrose rückgängig machen

Bestrahlungen der Lunge führen oft zu nicht mehr umkehrbaren (irreversiblen) bindegewebigen Veränderungen, die die Funktionsfähigkeit des Lungengewebes einschränken. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum konnten diesen Prozess nun mit einem Antikörper verhindern und sogar rückgängig machen – zunächst einmal zumindest bei Mäusen.

Bei etwa zwei Dritteln aller Krebskranken gehört die Strahlentherapie heute zur Behandlung. Meist vertragen die Patienten die Therapie gut, doch kann es auch zur Schädigung der mitbestrahlten gesunden Gewebe kommen. Besonders belastend ist die so genannte Strahlenfibrose. Dabei handelt es sich um narbige Umbildungen, bei denen das gesunde Gewebe durch weniger elastisches Bindegewebe ersetzt wird, dadurch verhärtet und in seiner Funktion eingeschränkt ist. Dies kann zum Beispiel die Lunge betreffen, wenn Lungenkrebs mit Strahlen behandelt wird. Eine Lungenfibrose erschwert den Gasaustausch, die Betroffenen leiden unter Atemnot.

„Wir wissen, dass eine ganze Reihe von Wachstumsfaktoren und entzündungsfördernden Botenstoffen bei der Entstehung einer Fibrose eine Rolle spielen. Aber bisher konnten Wirkstoffe gegen diese Zielmoleküle nur unzureichend einer Lungenfibrose vorbeugen und deren Symptome kaum verbessern. Schon gar nicht ließ sich eine einmal bestehende Fibrose wieder rückgängig machen“, berichtet Prof. Peter Huber vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Forscher suchen daher nach molekularen Zielstrukturen, über die sie diesen zerstörerischen Prozess unterbrechen, abbremsen und möglicherweise sogar rückgängig machen können.

Ein Antikörper, der den Bindegewebe-Wachstumsfaktor (CTGF = connectiv tissue growth factor) blockiert, wurde nun von Prof. Huber und Kollegen an Mäusen erprobt (siehe Journal of the National Cancer Institute, Online-Veröffentlichung am 16.3.2017). CTGF gilt als zentraler Signalgeber bei der bindegewebigen Umwandlung des Lungengewebes. Die Forscher verabreichten Mäusen den Antikörper über acht Wochen, beginnend zu verschiedenen Zeitpunkten vor oder nach einer Bestrahlung.

Ergebnisse: Alle Therapieschemata schützen bis zu 80 Prozent der Tiere vor einer Fibrose. Bei einem Start der Behandlung 16 Wochen nach der Bestrahlung machte der Antikörper eine fibrotische Umwandlung sogar wieder rückgängig: Die Dichte des Lungengewebes verringerte sich um über 50 Prozent, die Lungenfunktion und die Sauerstoffversorgung verbesserten sich. Auch nach Abschluss der Behandlung blieb der Gesundheitszustand der Tiere stabil und sie überlebten deutlich länger als unbehandelte Mäuse. Begann die Antikörperbehandlung 20 Tage nach der Bestrahlung, so überlebten sogar 70 Prozent der Mäuse eine ansonsten tödliche Strahlendosis.

Der Antikörper, den die Heidelberger Forscher einsetzten, erkennt neben dem CTGF der Maus auch die menschliche Version des Bindegewebe-Wachstumsfaktors. Er wird basierend auf den in dieser Arbeit gewonnenen Daten bereits in klinischen Studien gegen andere Fibroseerkrankungen untersucht. „Der fibrotische Gewebeumbau nach der Bestrahlung verläuft bei Mäusen und Menschen sehr ähnlich“, erklärt Sebastian Bickelhaupt, Erstautor der Studie. „Das spricht dafür, dass unsere Ergebnisse auch für fibrosekranke Menschen relevant sind.“

Die Bestrahlung eines Tumors kann nicht nur in der Lunge, sondern auch in vielen anderen Organen zur Fibrose führen, die für die Patienten erhebliche Einschränkungen bedeuten. Besonders häufig kommt dies bei Brustkrebs, bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich und der Speiseröhre vor, aber auch bei gynäkologischen Tumoren. „Der Schutz vor einer Fibrose, den wir mit dem Antikörper gegen CTGF bei Mäusen erzielen konnten, war beeindruckend“, so Huber. „Daher halten wir es für vielversprechend, den Antikörper auch bei Patienten zu erproben, die sich einer Strahlentherapie unterziehen müssen. Möglicherweise können darüber hinaus auch Patienten mit anderen, nicht strahlenbedingten fibrotischen Erkrankungen von einer CTGF-Blockade profitieren.“ Womöglich ließen sich auch die Heilungschancen der Patienten verbessern. Denn wenn die strahlenbedingten Nebenwirkungen geringer ausfielen, könnte man die Strahlendosis im Tumor steigern.

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum