Ein häufiger Einsatz von Antibiotika bei Säuglingen kann deren Risiko erhöhen, an allergischem Asthma zu erkranken. Deshalb sollten diese Medikamente gerade Säuglingen und Kleinkindern, deren Immunsystem sich noch in der Entwicklung befindet, nur bei wirklich ernsthaften Krankheiten verschrieben werden, betonen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). „Eine aktuelle Studie aus Kanada (siehe EMBO (European Molecular Biology Organization), Online-Vorabveröffentlichung am 16. März 2012) zeigt, dass Antibiotika die Entwicklung des Immunsystems stören, weil sie – quasi als unerwünschte Nebenwirkung – auch wichtige Bakterien der Darmflora abtöten, die am Aufbau des kindlichen Immunsystems beteiligt sind“, erläutert Prof. Köhler. „Zwar handelt es sich hierbei um eine Untersuchung an Mäusen, deren Ergebnisse natürlich nicht direkt auf den Menschen übertragbar sind. Trotzdem liefert sie weitere Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen nützlichen Darmbakterien in der natürlichen Darmflora und dem Immunsystem gibt: Wenn die Darmflora durch Medikamente verändert und durcheinander gebracht wird, scheint das die Funktionsweise des Abwehrsystems zu stören. Und das könnte dann zur Folge haben, dass sich die Empfindlichkeit für Immunkrankheiten wie Allergien und Asthma erhöht. Auch das Risiko für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und von Fettleibigkeit könnte zunehmen, wenn das Immunsystem aufgrund einer solchen Störung aus dem Gleichgewicht gerät.“
Eine einzige frühkindliche Antibiotika-Kur kann dem Immunsystem möglicherweise bereits schadenHäufig liegen Atemwegserkrankungen - zum Beispiel eine Infektion der oberen Atemwege oder eine &link_4 – oder Mittelohrentzündungen vor, wenn Säuglinge Antibiotika verordnet bekommen. „Auch frühere Studien haben schon gezeigt, dass diese medikamentösen Bakterienkiller das Risiko der kleinen Patienten verdoppeln, später an Asthma bronchiale zu erkranken, wenn sie in den ersten zwölf Lebensmonaten verabreicht werden“, berichtet Köhler. „Offenbar kann also schon eine einzige frühkindliche Antibiotika-Kur ausreichen, um das Asthmarisiko derart zu erhöhen. Ein weiterer Hinweis kommt aus den Entwicklungsländern, wo Antibiotika seltener verschrieben werden und zudem auch die übertriebenen Hygienemaßnahme fehlen, wie sie hierzulande und vor allem in den USA zunehmend praktiziert werden: In weniger entwickelten Ländern wird die natürliche Darmflora der Kinder weniger beeinflusst und auch allergisches Asthma tritt weitaus seltener auf. „Deshalb sollte die Notwendigkeit einer Antibiotika-Behandlung bei Säuglingen grundsätzlich sehr viel sorgfältiger abgewogen werden, als es leider immer noch oft der Fall ist“, erklärt Köhler. „Schließlich muss längst nicht jede Infektion im Kindesalter mit Antibiotika behandelt werden, zumal für die meisten Infekte der oberen Atemwege Viren – und nicht Bakterien – verantwortlich sind. Gegen Viren eingesetzte Antibiotika sind aber bekanntlich nicht nur wirkungslos, sondern fördern außerdem die Resistenzbildung bei Bakterien.“