Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) im Endstadium sind oft nur noch schwer zu behandeln. „Wenn sie wegen einer akuten Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Verfassung (Exazerbation) ins Krankenhaus kommen, erhalten sie meist schon etliche der zur Verfügung stehenden Medikamente, darunter nicht selten auch ein Antibiotikum oder Cortison vom Hausarzt. Falls im Bronchialspülwasser des Patienten kein bestimmter Erreger aufzufinden ist, wird mit einem Breitband-Antibiotika behandelt, was die Situation für die meisten Patienten verbessert. Allerdings schafft man es nicht immer, sie auch aus der Exazerbation wieder herauszuholen. Dann sind die Patienten vital gefährdet. In diesen schweren Fällen könnte die Inhalation von Antibiotika eine hilfreiche Ergänzung der Therapie darstellen. Darauf weist Prof. Dieter Köhler, Leiter des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft im nordrhein-westfälischen Schmallenberg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) auf dem derzeit laufenden Jahreskongress der DGP in Mannheim hin. Köhler beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift Chest veröffentlicht worden ist und belegt, dass die zusätzliche Inhalation des Wirkstoffes Tobramycin (ein Aminoglykosid-Antibiotikum) mit einem PARI-LC-Plus-Vernebler (2x 300mg) die Keimzahl deutlich einzudämmen vermag, wodurch sich die gesundheitliche Verfassung der Betroffenen erheblich verbessert.
„Dabei sollte man erwähnen, dass die Untersuchung bei Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Bronchiektasen durchgeführt wurde“, erläutert Köhler. „Klinisch gesehen sind die Übergänge zwischen einer COPD mit einer dauerhaften bakteriellen Besiedlung der Atemwege und Bronchiektasen mit Atemwegsverengung (Obstruktion) aber sowieso fließend. Nicht selten haben Patienten im Endstadium einer COPD chronisch infizierte Emphysemblasen , erkennbar an einem dauerhaft gelbem bis grünlich gefärbten Auswurf (Sputum), der auch außerhalb der Verschlechterungsphasen (Exazerbation) fortbestehen bleibt - oder nachweisbar an bestimmten Problemkeimen, insbesondere Pseudomonas aeruginosa oder Stenotrophomonas maltophilia. Insofern sind Untersuchungsergebnisse für Patienten mit Bronchiektasen und für schwer exazerbierte COPD-Patienten gegenseitig weitgehend übertragbar.“ Bereits vor fast 10 Jahren konnte der Nutzen einer dauerhaften Inhalation von Antbiotika (Tobramycin) auch bei einer anderen, ähnlich rasch fortschreitenden chronischen Lungenerkrankung – der so genannten Mukoviszidose – in einer großen placebokontrollierten Studie nachgewiesen werden. „Mittlerweile ist diese Therapie gut etabliert“, betont Köhler. „Außerdem deutet eine weitere, kleinere placebokontrollierte Blindstudie aus dem Jahr 2005 ebenfalls an, dass sich die Inhalation von Tobramycin günstig auf den Krankheitsverlauf von COPD auswirkt. So wurden bei Patienten unter dieser Therapie weitaus weniger Krankenhausbehandlungen notwendig. Tatsächlich wenden einige pneumologische Kliniken in Deutschland diesen Behandlungsweg schon seit Jahren für Patienten im Endstadium der COPD mit dauerhaft gelb-grünem Auswurf und häufigen Krankenhausaufenthalten an - sozusagen als off-label use, wobei die klinischen Erfolge wirklich eindrucksvoll sind.“ Um dies auch statistisch abzusichern, ist jetzt in mehren pneumologischen Kliniken eine große placebokontrollierte, multizentrische Studie gestartet, die den Effekt der Tobramycin-Inhalation bei COPD-Patienten untersucht, die mehr als zwei stationäre Exazerbationen pro Jahr erleiden. Erste Ergebnisse dürften in etwa drei Jahren vorliegen.
Quelle: Chest (2006), Band 130, Seite 1503-1510. Zusammenfassung (abstract)