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Antibiotika im Säuglingsalter steigern Asthma-Risiko in der Kindheit

Kinder, die im ersten Lebensjahr mit Antibiotika behandelt werden, erkranken später - mit sieben Jahren - um 86% häufiger an Asthma bronchiale als Kinder, die keine derartigen Medikamente eingenommen haben. Deshalb warnen die deutschen Lungenärzte vor einem unüberlegten Antibiotika-Einsatz bei Kindern.

Kinder, die im ersten Lebensjahr mit Antibiotika behandelt werden, erkranken später - mit sieben Jahren - um 86% häufiger an Asthma bronchiale als Kinder, die keine derartigen Medikamente eingenommen haben. Deshalb warnen die deutschen Lungenärzte vor einem unüberlegten Antibiotika-Einsatz bei Kindern. Sie berufen sich dabei auf eine aktuelle Untersuchung mit mehr als 13.000 kanadischen Kindern, die von Anita Kozyrskyj und ihren Kollegen an der University of Manitoba durchgeführt und im Fachjournal Chest veröffentlicht worden ist. „Fatalerweise steigt mit jeder weiteren Antibiotika-Kur das Risiko für die Entwicklung eines Asthmas zusätzlich an“, erläutert Dr. Michael Barczok, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Pneumologen (BdP) und praktizierender Lungenfacharzt im Lungenzentrum Ulm. „Zum Beispiel ist das Asthmarisiko für Babys, die in ihrem ersten Lebensjahr mehr als vier Antibiotika-Behandlungen bekommen haben, um 1,5-fach erhöht.“ Bei Kindern werden Antibiotika am häufigsten wegen einer akuten Infektion der oberen und unteren Atemwege oder wegen einer Mittelohrentzündung verschrieben. Unter den kanadischen Studienteilnehmern des Bundesstaates Manitoba erhielten 65% der Kinder mindestens eine Antibiotika-Behandlung vor Erreichen ihres ersten Lebensjahres, mehr als 55% wurden mit Breitband-Antibiotika (Breitband-Cephalosporinen) behandelt, und insgesamt 6% entwickelten dann im Alter von sieben Jahren Asthma.

Antibiotika gegen Nicht-Atemwegserkrankungen verdoppeln sogar das Asthmarisiko
„Interessanterweise ist das Asthmarisiko sogar fast doppelt so groß, wenn die Antibiotika nicht auf Grund eines Atemwegsinfektes, sondern aus anderen Gründen – wie Harnwegsinfektionen oder bakteriellen Hautkrankheiten - verordnet worden waren“, erklärt Barczok. „Wenn es andersherum wäre, müsste man nämlich davon ausgehen, dass nur diejenigen Kinder, die bereits Atemwegsprobleme und eventuell auch schon vorgeschädigte Lungen haben, mehr Antibiotika einnehmen. Dann wäre die beobachtete, größere Häufigkeit von Asthma im Kindesalter aber nicht unbedingt direkt auf die Medikamenteneinnahme im Säuglingsalter zurückzuführen, sondern könnte genauso gut auch eine Spätfolge der ohnehin angegriffenen Lungen der betroffenen Kinder sein. Zwar lässt sich mit den aktuellen Studienergebnissen nicht beweisen, dass Antibiotika im Säuglingsalter tatsächlich ursächlich zu Asthma in der Kindheit führen können. Aber die Tatsache, dass auch Antibiotika, die gegen Nicht-Atemwegserkrankungen eingesetzt werden, das Asthmarisiko erhöhen, erhärtet den Verdacht, dass es tatsächlich an den Antibiotika selbst liegen könnte“, betont Barczok.

Antibiotika töten auch die nützlichen Keime ab
Das Problem ist, dass Antibiotika nicht selektiv nur die unerwünschten Bakterien, die eine Infektion verursacht haben, abtöten, sondern auch solche Keime, die wir zum Aufbau unseres Immunsystems benötigen. „Hierzu gehören zum Beispiel Milchsäurebakterien, die natürlicherweise in unserer Darmflora vorkommen und auch in Milchprodukten wie Joghurt enthalten sind“, erklärt Barczok. „Diese Bakterien sind für den Menschen nicht schädlich sondern - ganz im Gegenteil - für eine effektive Infektabwehr hilfreich. Daher sollten insbesondere Antibiotika mit einem Breitbandspektrum (zum Beispiel Cephalosporine oder Amoxicillin) mit mehr Vorsicht eingesetzt werden. Trotzdem kann man bei einer schweren bakteriellen Infektion sicherlich nicht auf Antibiotika verzichten. Wir empfehlen daher, zur Therapie ein Antibiotikum mit einem möglichst schmalen Wirkungsspektrum auszuwählen, und nur dann, wenn dieses nicht ausreichen sollte, ein Breitband-Antibiotikum einzusetzen.“ Lesen Sie hier weitere Informationen über Risikofaktoren, die das Asthma-Risiko erhöhen können.