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Allergien prägen auch die Oberfläche der Atemwege

Botenstoffe, die bei allergischen Reaktionen ausgeschüttet werden, verändern nicht nur Zellen des Immunsystems, sondern auch der Atemwegsoberflächen. Das berichten Forscher aus München.

Bei Allergien ausgeschüttete Botenstoffe verändern nicht nur Zellen des Immunsystems, sondern auch Zellen der Atemwegsoberflächen. Auch das Atemwegsepithel durchläuft also offenbar eine Entwicklung, wie sie bisher nur von Allergen-geprägten Immunzellen bekannt war, berichtet das Team von Prof. Carsten Schmidt-Weber und Dr. Ulrich Zissler vom Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) am Helmholtz Zentrum München und der TU München (siehe Mucosal Immunology, Online-Vorabveröffentlichung am 18.11.2015).

Im Rahmen eines Projektes des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) behandelten die Forscher Atemwegsepithelzellen mit den Allergie-Botenstoffen Interleukin-4 (IL-4) und Interferon-gamma (IFN-gamma) und beobachteten, wie sich die Genaktivität veränderte. „Interessanterweise zeigte sich ein Regulationsmuster, wie wir es aus der T-Zell-Immunologie als ‚Th1/Th2-Paradigma‘ bereits seit vielen Jahrzehnten kennen“, kommentiert Erstautor Zissler die Ergebnisse. Das Th1/Th2-Paradigma sieht IL-4 produzierende T-Helfer-Zellen des Typs 2 (Th2) als Gegenspieler der Th1-Zellen - entsprechend werden Th2-Zellen bei allergischen Erkrankungen als treibende Kraft eingeordnet. IL-4 ist ein wichtiger Botenstoff im Rahmen allergischer Entzündungen, der über die Th2-Immunantwort auch zu allergischem Asthma führt und die Toleranz gegenüber Allergenen im Körper hemmt, wie vorangegangene Studien zeigen konnten.

Genau wie bereits für Zellen des Immunsystems bekannt, war IL-4 in der Lage, eine Aktivierung von Genen der sogenannten Th-2 Immunantwort auszulösen, die zur Entstehung von Asthma beiträgt. Interferon-gamma (IFN-gamma) wirkte diesem entgegen, indem es das Ablesen von Th-1 Genen begünstigte.

Exemplarisch beschreiben die Autoren das Molekül Interleukin-24 (IL-24), das von IL-4 herauf- und von IFN-gamma heruntergeregelt wird. IL-24 könne daher den Wissenschaftlern zufolge möglicherweise künftig als Biomarker für eine allergische Entzündung des Atemwegsepithels dienen.

Um die Relevanz ihrer Ergebnisse zu überprüfen, untersuchten die Wissenschaftler die Ergebnisse auch bei Rhinitis-Patienten. Die Allergische Rhinitis (pollenbedingter Heuschnupfen) - ist eine allergisch bedingte Entzündung der Nasenschleimhaut. Diese wird oft von weiteren Erkrankungen der Atemwege begleitet wie Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen) und Asthma. Es zeigte sich, dass der Effekt ebenfalls an den Nasenschleimhäuten der Patienten zu beobachten ist. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Regulation von Epithelzellen in der allergischen Erkrankung in einer Art Fingerabdruck der Allergie endet. Weitere Untersuchungen müssen nun klären, ob dieser Abdruck die Immunität gegen Infektionen oder andere Reaktionen auf die Umwelt behindert und somit zu weiteren Problemen bei Allergikern führt, so die Forscher.

„Bisher war das Th1/Th2-Paradigma nur auf die T-Zellen beschränkt. Der von uns gefundene Mechanismus über Epithelzellen eröffnet daher eine tiefere Sicht auf die Komplexität der Immunantwort und bietet neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapien bei allergischen Erkrankungen“, so ZAUM-Direktor Schmidt-Weber.

Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt