Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
Krankheitsbild
Die jeweilige Ausprägung der Symptome eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels (ALPHA-1) kann sich von Individuum zu Individuum stark unterscheiden – das hängt neben der Genausstattung (Gendefekt doppelt oder einfach vorhanden, homo- oder heterozygot) auch vom individuellen Lebensstil ab.
Genetische Varianten bestimmen den Krankheitsverlauf
Je nachdem, welche Veränderungen (Mutationen) auf Chromosom 14 vorliegen, lassen sich folgende genetische Varianten (sog. Genotypen) unterscheiden, die die Funktion von Alpha-1-Antitrypsin beeinträchtigen und zu unterschiedlichen Schweregraden der Erkrankung führen können.
In der Bezeichnung des genetischen Typs geben die beiden Großbuchstaben (die immer nach der Abkürzung PI für Proteinase-Inhibitor folgen) den Zustand der beiden Genkopien an. Die gesunde Variante des Gens wird als M bezeichnet, während die verschiedenen Mutationstypen die Buchstaben A bis Z bzw 0 (Null) erhalten.
Gesund mit zwei korrekten Genkopien: PI*MM
Heterozygote Träger haben nur eine defekte Genkopie, z.B.: PI*MZ-Typ. Bei den Betroffenen ist der AAT-Blutspiegel nur leicht reduziert, sodass sie ein leicht erhöhtes Risiko für Lungen- bzw. Lebererkrankungen haben. Schädliche Faktoren, wie z.B. Zigarettenrauchen können jedoch vor allem bei diesen Personen das Risiko für COPD oder ein Lungenemphysem zusätzlich erhöhen.
Der häufigste Genotyp ist homozygot mit Z-Mutation: Z-Typ PI*ZZ. Betroffene haben einen stark ausgeprägten AAT-Mangel, sodass das Risiko für eine COPD beziehungsweise ein Lungenemphysem bei über 50 Prozent liegt.
Der zweithäufigste Genotyp betrifft eine S-Mutation, die zu einer Erkrankung mit relativ milder Ausprägung führt. Beim heterozygoten Typ (PI*MS) ist das Risiko für Lungen- und/oder Lebererkrankung im Vergleich zur Normalbevölkerung nicht erhöht. Erst beim homozygoten Typ (PI*SS) kann es zu Lungenerkrankungen kommen. Ein vermehrtes Auftreten von Lebererkrankungen ist bei S-Mutation im Gegensatz zur Z-Mutation nicht bekannt.
Bei der Null-Mutation wird gar kein AAT gebildet, so dass das Risiko der Betroffenen für Lungenerkrankungen hoch ist. Darüber hinaus gibt es weitere, allerdings sehr seltene Mutationen.
Auswirkungen auf Leber und Lunge
Bei 10 Prozent der Patienten mit homozygotem Defekt kommt es bereits in der frühen Kindheit zu einer Lebererkrankung, die bis zur schwersten Form einer Leberschrumpfung (Leberzirrhose) führen kann. Tritt die Erkrankung erst im Erwachsenenalter auf, kann sich ein Lungenemphysem bzw. eine schwere COPD entwickeln. Doppelerkrankungen an Lunge und Leber sind auch möglich, aber selten.
Grundsätzlich ist die Manifestation eines ALPHA-1 in der Lunge nicht von einer chronisch-obstruktiven Bronchitis mit oder ohne Lungenemphysem (COPD) zu unterscheiden. Die Zerstörung der Lungenbläschen führt zu einer Lungenüberblähung - insbesondere das Ausatmen, aber auch das Einatmen ist zunehmend erschwert. Aufgrund der verringerten Fläche zum Gasaustausch wird weniger Sauerstoff aufgenommen und auch die Abatmung des Kohlendioxids ist nicht mehr ausreichend (siehe auch Auswirkungen)
Da die Lunge über große Funktionsreserven verfügt, kann man trotz eines Mangels an Alpha-1-Antitrypsin (AAT) und eines sich langsam entwickelnden Lungenemphysem über viele Jahre ohne Beschwerden bleiben. Als erstes Zeichen tritt meist eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Atemnot bei körperlicher Belastung auf - oft erst im Alter von 30-40 Jahren, und bei Nichtrauchern mit wenigen Infekten mitunter erst im hohen Alter. Mit zunehmender Dauer der Erkrankung kommen Husten und Auswurf zur Atemnot hinzu. Jede zusätzliche Belastung durch Rauchen oder eine Infektion beschleunigt das Fortschreiten der Erkrankung. Bei Rauchern treten die ersten Beschwerden meist rund 20 Jahre früher auf.